Warum sollte man nicht mit Stampflehm bauen? – Aus der Perspektive einer Studentin
Von Januar bis Mai 2021 nahm die IBI-Studentin Lisa Oswald am Kurs "AEC Global Teamwork" der Stanford University teil. Im Folgenden finden Sie eine Zusammenfassung der Ergebnisse und eine Reflexion über die Erfahrung aus ihrer Sicht.
Nicht erst seit Greta Thunberg 2018 die #FridaysForFuture ins Leben gerufen hat, beschäftigt sich die AEC-Branche mit nachhaltigeren Baumaterialien und -techniken. Materialien sind von Natur aus nachhaltig, doch mit der Erfindung von Stahlbeton in den 1800er Jahren wurde deutlich, dass manchmal nicht nachhaltige, von Menschenhand geschaffene Materialien grosse Vorteile haben können. Was die Industrie damals kaum wusste, waren die negativen Auswirkungen der Verwendung dieser Materialien. Und so erforschen wir heute wieder einmal die historisch verwendeten nachhaltigen Alternativen.
Das Bewusstsein für Nachhaltigkeit war auch eines der Ziele meines Teams bei der Planung unseres Stampflehmbaus für den Kurs AEC Global Teamwork der Stanford University. Dieser Kurs folgt den Grundsätzen der integrierten Projektabwicklung und konzentriert sich auf die multidisziplinäre und kollaborative Teamarbeit zwischen Architekten, Bauingenieuren, MEP, Bauleitern und Lebenszyklus-Finanzmanagern. Der Kurs bestand aus vier Teams mit Studierenden von Hochschulen aus der ganzen Welt. Die Teilnahme eines ETH-Studenten wird von der Professur für Innovatives und Industrielles Bauen und der Professur für Nachhaltiges Bauen unter der Leitung von Prof. Hall und Prof. Habert unterstützt, denen ich herzlich dafür danke, dass sie mir die Teilnahme ermöglicht und mich in vielerlei Hinsicht unterstützt haben.
Global Teamwork-Kurs unter der Leitung von Dr. Renate Fruchter ausgewählt wurde, wurde ich mit der neuesten VR-Ausrüstung (Virtual Reality) ausgestattet, und der Kurs begann mit einer intensiven viertägigen Online-Auftaktveranstaltung im Januar 2021. Ich lernte meine sechs Teamkollegen von Team River kennen, die Eigentümer unseres Projekts, und wurde über die Merkmale und Anforderungen unseres Projekts informiert. Der Standort von Team River befindet sich in Weimar, Deutschland, in der Nähe des Flusses Ilm im Goethe-Park, mit den Gefahren eines niedrigen Grundwasserspiegels, eines Überschwemmungsgebiets und einer UNESCO-Weltkulturerbestadt. Unser Ziel war es, ein Universitätsgebäude für Kollokations- und Online-Kurse mit einer maximalen Gebäudehöhe von 9,1 m zu entwerfen. Uns wurden bestimmte Anforderungen an die Funktionsräume sowie einen quadratischen und einen L-förmigen Grundriss vorgegeben. Darüber hinaus sponserten Industriepartner drei interessante Herausforderungen: Parametrische Anpassungsfähigkeit (Buro Happold), Nachhaltigkeit und Gerechtigkeit (AR Green Consulting) und Gebäude als Produkte (DPR Construction).
Mit Hilfe zahlreicher Mentoren der Partneruniversitäten begannen wir im Winterquartal mit der Konzeptentwicklung, bei der wir für jeden Fussabdruck zwei Alternativen erarbeiteten und schließlich die vier Alternativen anhand einer Entscheidungsmatrix bewerteten. Unser Siegerkonzept war Next Year's Spring. Während der Projektentwicklungsphase im Frühjahrsquartal konzentrierten wir uns auf die Entwicklung des Konzepts. Sein Name bezieht sich auf ein Gedicht von Goethe, das uns zu unserem Entwurf inspirierte. Es führte zu unseren Konzeptzielen, die Kluft zwischen der Vergangenheit und der Zukunft zu überbrücken, indem wir mit Stampflehm bauen und einen nachhaltigen Bauprozess verfolgen. Die zweite grosse Idee war die Generationengerechtigkeit, die für den Erhalt von Fairness und Ressourcen für zukünftige Generationen steht. Sie wurde umgesetzt, indem die nächste Generation von Arbeitskräften durch ein VR-Labor über das Bauen mit Stampflehm und anderen vergessenen nachhaltigen Materialien unterrichtet wurde.

Ausserdem konzentrierten wir uns auf die drei Herausforderungen und unsere Teamziele zu erreichen. Wir entschieden uns für kohlenstoffarme Materialien wie Stampflehm, Weichholzrahmen und CLT-Platten für Böden und Scherwände. Die Auswahl der Materialien wurde mit dem BHoM LCA-Tool überprüft, das das verkörperte Treibhauspotenzial unseres Gebäudes misst. Die Erstellung eines kleinen Bausatzes mit Stampflehmwänden, CLT-Paneelen, Stützen und Trägern, Kanälen und Vorhangfassadenplatten führte zu einem Vorfertigungsgrad von 53 %. Unsere architektonischen Stampflehmwände wurden von den Arbeitskräften der nächsten Generation in unserem Werk in der Nähe der Baustelle selbst hergestellt. Die tragenden Wände werden von Fachleuten vorgefertigt. Die Bauhaus-Universität Weimar überwachte die Qualitätssicherung und -kontrolle für die Stampflehmsteine. Mittels parametrischer Modellierung wurde die Geometrie der Stampflehmwände unter Berücksichtigung der Wiederverwendung der Schalung, der statischen Nutzung und der Fahrzeugbeschränkungen ermittelt. Die Auswahl der MEP-Systeme wurde von der örtlichen Umgebung, der Energieeffizienz und den einzigartigen Eigenschaften unseres Gebäudes bestimmt. Stampflehm ist ein sinnliches und nachhaltiges Material, das die Luftfeuchtigkeit in Innenräumen reguliert und eine gute thermische Masse bietet. Daher haben wir uns für eine Erdwärmepumpe und ein spezielles Aussenluftsystem als primäres System und für Verdrängungslüftung, Fußbodenheizung und Kühlbalken als sekundäre Systeme entschieden. Mit unserem Gründach haben wir dem Park eine neue Ebene hinzugefügt, die den Nutzern einen Rückzugsort und den Bewohnern einen Lebensraum bietet.
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Für weitere informationen sehen sie:
externe Seite PBL Lab Stanford University
externe Seite AEC Projects
Die Professur für nachhaltiges Bauen beabsichtigt Nachhaltigkeit in allen Bereichen der gebauten Umwelt zu verankern. Weitere Informationen finden sie auf unserer Webseite.